Lebensraum (Blumen)-Wiese

Die Problematik des Insektensterbens hat dazu geführt, Initiative zu ergreifen, um das Thema stärker in der ökologischen Bildungsarbeit des EBZ Potshausen zu integrieren. In den vergangenen Jahren hat es zwar Initiativen zum Anpflanzen von Blühpflanzen gegeben und diese Tendenz setzt sich erfreulicherweise fort. Deutlich wird jedoch auch, dass auf diesem Gebiet noch großer Aufklärungsbedarf, Öffentlichkeitsarbeit und vor allem Fachwissen erforderlich ist, um das Anlegen von Wildblumenwiesen erfolgreich und vor allem nachhaltig durchzuführen. Die Ursachen für die gegenwärtige Situation sind sicherlich vielfältig. Neben dem Strukturwandel in der Landwirtschaft, das Ausbringen von Glyphosat, Neonikotinoiden, Pestiziden sowie Versiegelungsmaßnahmen gibt es sicherlich weitere Faktoren, die zu dieser Entwicklung beigetragen haben. Die Folgen sind in der Natur gravierend wie folgendes Zitat aufzeigt: „Von den 248 Vogelarten, die in Deutschland brüten, ernähren sich 80 Prozent von tierischer Kost, die Hälfte von ihnen bevorzugt Insekten. Viele Arten, die als Erwachsene etwas anderes fressen, füttern zumindest ihre Jungen mit den Kerbtieren“ schreibt die „Süddeutsche Zeitung“. In der norddeutschen Landschaft sind die Wiesenvögel seit Jahren in großem Ausmaß rückläufig und Experten sprechen von einer dramatischen Entwicklung.

Deshalb ist das Engagement von Initiativen und Privatpersonen zur Förderung von ökologisch wertvollen Biotopen von großer Wichtigkeit für die Insektenwelt und auch als Biotopvernetzung, um die Artenvielfalt zu stabilisieren. Mit einer naturnahen Umgestaltung oder Neuanlage leistet jeder Einzelne und jede Kommune einen wertvollen Beitrag zur Umsetzung der UN-Konvention zur biologischen Vielfalt.

Wie eingangs erwähnt ist festzustellen, dass im Anlegen von Blumenwiesen und Blühstreifen Fehler entstehen, die korrigiert werden müssen. Am Beispiel der Neophyten wird beispielsweise erkennbar, dass bei der Auswahl von Blumenmischungen mit exotischen Pflanzen Fehler begangen werden, die den gewünschten Effekten entgegenstehen. Auch die Bodenvorbereitung, die Vorgehensweise bei der Aussaat, die Berücksichtigung des Blühzeitpunktes und die Pflege der Wildblumenwiesen von immenser Bedeutung. Bei ökologischen Umgestaltungsmaßnahmen sind u.a. folgende Hinweise zu beachten:

Maßnahmen

  • Wichtig ist bei artenreichen Blühpflanzen, dass möglichst zu allen Jahreszeiten Pflanzen blühen (und nicht alle auf einmal)
  • Einsatz von Honigbienen/ Wildbienen-freundlichen Stauden neben Saatgutmischungen haben Vorteile (z.B. schnellere Blüherfolge)
  • Hinweis auf Füllstoff

Boden / Bodenvorbereitung

Aussagen von Herrn Rieger (Inhaber der Saatgutfirma„Rieger-Hofmann“; Vortrag in Hannover):

„Der Boden und die Bodenvorbereitung sind außerordentlich wichtig bei der Anlage von artenreichen Wildblumenmischungen.“ Maßnahmen für die Bodenvorbereitung im Hausgarten:

  • Alte Gras- oder Rasensoden entfernen
  • Boden umgraben oder pflügen
  • Abmagerung des Bodens
  • Möglichst feinkrümeliges Saatbeet schaffen
  • Samen nicht im Boden einarbeiten, sondern oben auflegen (einige Sorten sind Lichtkeimer!), wichtig ist das Anwalzen
  • Samen sollte mit geschrotetem Mais, feinem Sand oder Sägemehl gemischt werden zum Strecken, da 3-4 Gramm bis zu 1000 Körner enthalten können (im Garten mit der Hand aussäen)
  • Möglichst vor beginnender, feuchter Witterung aussäen; nach Aussaat feucht halten (Keimung)
  • Magerer Boden ist sehr wichtig
  • Nicht im Hochsommer aussäen, sondern besser Ende März bis Anfang Mai; und im Herbst (Ende August bis Mitte September)
  • Blumenwiesen 2 mal im Jahr mähen (jedoch gestaffelt, so dass Wildbienen auch noch Blüten für die Nahrung finden) und getrocknetes Heu entfernen,
  • Wichtig ist auch, dass auf Wildblumenwiesen die „Mulcherei“ aufhört, da der Boden sonst zu nährstoffreich wird. (auch sehr wichtig für die Kommunen!!)
  • Sogenannte Schröpfschnitte durchführen. (ungefähr 8-10 Wochen nach der Ansaat ist ein Pflegeschnitt auf etwa 5 cm Wuchshöhe unbedingt erforderlich. Bei Bedarf und Unkrautaufwuchs im 1.Jahr ist der Schröpfschnit noch 1-2 mal zu wiederholen. Unkräuter müssen vor der Samenreife abgemäht werden (Empfehlungen der Firma „Rieger-Hofmann“)

Fruchtstängel als Winterquartier

Die abgeblühten Fruchtstände und Stängel sollen über den Winter stehen bleiben. Sie dienen als Futterquelle, Schutz und Winterquartier für Insekten und Wildvögel. Im Frühjahr, vor dem Austrieb, sollten die verbliebenen, trockenen Reste abgemäht werden.

Fehler beim Ausbringen von Aussaatmischungen

Zusammengestellte Empfehlungen Rieger-Hofman

  • Unerwünschte Beikräuter:
    In nahezu allen Böden schlummern große Samendepots; können Jahrzehnte überdauern; durch Bodenbearbeitung gelangen sie in obere Schichten und kommen zur Keimung (Melde, Hirtentäschelkraut, Sauerampfer, Franzosenkraut etc.)
    Abhilfe:
    Schröfschnitte: Der aufgelaufenen Samenunkräuter vor der Blüte im 1. Jahr nach Aussaat drängen diese Beikräuter erfolgreich zurück.
    Schwarzbrache: Bei Flächen mit starkem Unkrautbewuchs wird einjährige Schwarzbrache vor der Aussaat empfohlen; nach Keimung der Beikräuter regelmäßige flache Bodenbearbeitung mit Kreiselegge, Fräse, Egge durchführen
  • Feuchtigkeit: Keimlinge benötigen mindesten 3 wöchige durchgehende Feuchtigkeit
  • Aussaat: Anfang März bis Ende April oder Mitte August bis Ende September (möglichst vor    feuchter Witterung  aussäen)
  • Aussaathilfen: mit trockenem Sand, geschrotetem Mais, Sägemehl als Füllstoff ausbringen (10-20 Gramm/m² bzw. 100-200 kg/ha)
  • Saatgut muss oben aufgelegt werden (Lichtkeimer) nicht einarbeiten, sondern anwalzen
  • Zwingend notwendig ist zertifiziertes Saatgut (Regiosaatgut; seit 2020 im Bundesnaturschutzgesetz auch verpflichtend); also nur heimische Blühmischungen verwenden; nur heimische Wildpflanzen bieten das komplette Futterspektrum

Allgemeine Problematik bei Aussaatmischungen

Häufig werden Samentütchen im Handel angeboten oder von Behörden und Firmen verteilt, die im Garten  oder auf Blühstreifen ausgestreut werden sollen.Das Problem besteht darin, dass der Inhalt dieser Tütchen  in der Regel nicht dokumentiert ist und die Samen in vielen Fällen aus nicht einheimischen Arten und einjährigen Arten bestehen, die zu keinem nachhaltigen, positiven Effekt in der Natur führen und höchstens den häufigen Insektenarten nützen.  „Einen Kompromiss zwischen der opulenten Einjährigenschau und einer nachhaltigen dauerhaften Ansaat bietet dagegen seit einigen Jahren der Wildsamen-Anbauer Rieger-Hofmann. Er hat u.a. die Mischung „Blühende Landschaft – mehrjährig“ im Programm. Nicht umsonst wird auf diese Mischung auch beim `Netzwerk blühende Landschaften` verwiesen, sie ist dort der Renner.“ ( Dr. Reinhard Witt)    Bezüglich der Nachhaltigkeit sollten allerdings möglichst mehrjährige Aussaatmischungen verwendet werden. Dr. Reinhard Witt schreibt dazu: „Nach meiner Schätzung sind über 95 % der gegenwärtigen Neuansaaten einjährig und maximal 5 % als nachhaltige Lebensräume gedacht. Das liegt unter anderem daran, dass die exotischen Blühmischungen unschlagbar gut aussehen.“

Gleichwohl muss in diesem Zusammenhang  darauf hingewiesen werden, dass das Engagement von Verbänden, Initiativen und Privatpersonen mehr als lobenswert ist und keineswegs kritisiert werden soll; im Gegenteil wie auch nachfolgendes Zitat aufzeigen soll: „Abgesehen von den vorherrschenden Verwirrungen und der Kommerzialisierung eines ernsten Problems, ist es zunächst erfreulich, dass überhaupt ein Naturschutzthema breite Aufmerksamkeit erlangt. Insbesondere aus dem Grund darf nun auf keinen Fall seitens des Naturschutzes das Gefühl vermittelt werden, dass spontane und eigenständige Aktionen grundsätzlich falsch oder „unprofessionell“ seien. Vielmehr sollte auf breiter Basis eine Anlei-tung stattfinden und weitere Aufklärung betrieben werden, zumal sich gerade dadurch die Chance bietet, neue, junge Mitstreiter für den Naturschutz zu gewinnen, den Nachwuchs zu fördern und Umweltbildung zu betreiben (CORINNE BUCH & ARMIN JAGEL: Schmetterlingswiese, Bienenschmaus und Hummelmagnet – Insektenrettung aus der Samentüte?).

Ökologische Umgestaltungsmaßnahmen von 2018 bis 2020 im EBZ Potshausen

Alle Vorher-/Nachherfotos von Halfwassen

Bodenvorbereitung / Ausaatmischung Standort Spalierobst

Standort Spalierobst vorher

vorher

Standort Spalierobst nachher

nachher

Bodenvorbereitung / Aussaat / Stauden „Buntes Klassenzimmer“

Buntes Klassenzimmer vorher

vorher

Buntes Klassenzimmer nachher

nachher

Bodenvorbereitung / Aussaat / Stauden „Pädagogik-Gebäude“ 

Pädagogik-Gebäude vorher

vorher

Pädagogik-Gebäude nachher

nachher

Parkplatz vor dem Saal / Aussaatmischung

Parkplatz vor dem Saal vorher

vorher

Parkplatz vor dem Saal nachher

nachher

Hauptgebäude / Staudenbepflanzung

Hauptgebäude vorher

vorher

Hauptgebäude nachher

nachher

Gästehaus / Staudenbepflanzung / Nisthilfen 

Gästehaus vorher

vorher

Gästehaus nachher

nachher